Heilung von Alkoholabhängigkeit

I. B. (63), Verviers (Belgien)

Im Jahre 1970, im Alter von 30 Jahren erhielt ich eine Arbeitsstelle in einem Café und trank dort täglich Alkohol (ca. 10 Gläser oder mehr pro Tag, Bier, Whisky, Martini ...). Im Alter von 40 Jahren wechselte ich den Arbeitsplatz und arbeitete nun in einer großen Fabrik. Nach der Arbeit ging ich oft ins Café und trank einige Gläser (Bier und andere alkoholische Getränke). Wenn ich danach nach Hause kam, trank ich dort weiter. Im Laufe der Jahre nahm der Alkoholkonsum immer mehr zu. Als mein Sohn heiratete und von zu Hause auszog, ich war 46 Jahre alt, steigerte sich mein Alkoholkonsum nochmals.

Etwa ein Jahr später hatte ich auf Anraten eines Arztes damit aufgehört, weil er mir Angst machte, ich bekäme Leberkrebs. Jedoch fing ich ungefähr ein Jahr später erneut zu trinken an. Nachdem ich 14 Jahre in der Fabrik tätig war, wurde ich dort Hausmeisterin und erhielt dort eine Wohnung. Ab diesem Zeitpunkt trank ich besonders viel: Bereits morgens in der 10-Uhr-Pause trank ich ein bis zwei Fläschchen Bier. Nachmittags gegen 14 Uhr trank ich etwa sechs bis sieben Fläschchen Bier und am Abend Whisky, eine halbe und manchmal eine ganze Flasche. Nach einigen Jahren habe ich mit dem Whisky aufgehört, weil ich mich vor mir selbst ekelte. Ab da trank ich dann Bier (etwa einen halben Kasten pro Tag) und danach Wein (meistens eine Flasche).

Es gab keinen Tag ohne Alkohol

Trotz der Abhängigkeit konnte ich meine Arbeit als Hausmeisterin verrichten. Ich war jedoch meinen Arbeitskollegen und besonders meinen Schwestern gegenüber sehr aggressiv, reizbar, nervös, rechthaberisch und benutzte oft Kraftausdrücke. In diesen Jahren blieb mein Alkoholkonsum konstant. Es gab keinen Tag ohne Alkohol. In Gesellschaft trank ich nur so viel, dass es nicht auffiel, dass ich Alkoholikerin war. Meistens trank ich abends zu Hause allein weiter. Warum ich trank, kann ich gar nicht sagen. Der Alkohol verschaffte mir ein angenehmes, freudiges Gefühl; oft musste ich jedoch auch weinen, bis ich dann erschöpft ins Bett ging. Am andern Morgen hatte ich manchmal Übelkeit und auch Kopfschmerzen, konnte jedoch meine Arbeit verrichten. Die Einzigen, die von meiner Abhängigkeit wussten, waren meine beiden Schwestern und mein Schwager.

Über einen Vortrag zum Freundeskreis gefunden

Ich habe nie einen Arzt oder eine Beratungsstelle aufgesucht. Obwohl ich mir schon lange bewusst war, dass ich alkoholabhängig war und dass es mit mir nicht so weitergehen konnte, habe ich nie etwas unternommen, um davon frei zu werden. So war mein Zustand, kurz bevor ich den Bruno Gröning-Freundeskreis kennenlernte. Seit einiger Zeit besuchten meine Schwestern und ich Vorträge über positives Denken. Dort erfuhren wir durch einen anderen Teilnehmer von Bruno Gröning und wurden im April 1996 in die Lehre eingeführt.

Bei dem Einführungsvortrag in die Lehre Bruno Grönings erlebte ich nichts Besonderes, außer dass ich das Gehörte interessant fand. Seit der Einführung besuchten meine Schwestern, mein Schwager und ich regelmäßig die Gemeinschaftsstunden und stellten uns zu Hause täglich ein. Auch meine Schwestern haben sich täglich für mich eingestellt mit der besonderen Bitte, dass ich frei vom Alkohol würde. Beim Einstellen zu Hause sowie in den Gemeinschaftsstunden schwollen meine Hände oft vor Wärme und Kraft an. Oft verspürte ich mal hier und dort Schmerzen im Körper, die aber nach dem Einstellen wieder verschwanden. Auch musste ich sehr viel weinen, was aber sehr angenehm war. Ich hatte immer das Gefühl, dass sich etwas in mir löste.

Ich hatte plötzlich kein Bedürfnis mehr

An meinem Trinkverhalten änderte sich jedoch nichts. Selbst wenn ich zur Gemeinschaftsstunde kam, hatte ich vorher getrunken und trank auch nachher zu Hause die übliche Menge Alkohol. Das ging zwei Jahre so weiter. In den letzten Wochen vor der Heilung hat sich der Alkoholkonsum sogar noch gesteigert, sodass ich in den letzten Tagen täglich bis zu einem Kasten Bier und eine bis eineinhalb Flaschen Wein trank. Eines Abends, im April 1998, als ich zum letzten Mal meine übliche Ration Alkohol zu mir nahm, hätte ich nie geahnt, dass dies das letzte Mal sein würde. Ich hatte ganz plötzlich keine Lust und kein Bedürfnis mehr, Alkohol zu trinken. Ich habe mich selbst darüber gewundert und wollte erst abwarten, ob dies auch so bleiben würde. Als ich dann einige Monate nichts mehr getrunken hatte, wusste ich, dass dies die Heilung ist, und bin darüber sehr beglückt. Seitdem bin ich frei von Alkohol.

Im August 1998 habe ich während einer Urlaubsfahrt in Österreich zwei Bier getrunken, weil ich mich überzeugen wollte, dass mir dies nichts ausmacht. Es war nicht nur so, dass das Bier keinerlei Verlangen nach mehr Alkohol in mir hervorgerufen hat; es hat mir noch nicht einmal geschmeckt. Seitdem habe ich nie wieder Alkohol zu mir genommen. Ich hatte auch keinerlei Entzugserscheinungen. Dafür bin ich sehr dankbar und glücklich. Auch hat sich an meinem Verhalten vieles zum Guten verändert. Ich bin viel ruhiger, nicht mehr reizbar und aggressiv und spüre eine große Lebensfreude in mir.

Psychologische Stellungnahme:

Frau B. litt unter einem Abhängigkeitssyndrom. Sie hat 27 Jahre lang eine stets größere Menge Alkohol getrunken und war mindestens neun Jahre lang davon abhängig. Sie hat den Alkohol allein getrunken und wurde rechthaberisch und aggressiv. Ihre Arbeit konnte sie allerdings immer verrichten.

Zwei Jahre nach ihrer Einführung in die Lehre Bruno Grönings hat sie spontan aufgehört zu trinken und ist seither trocken. Ihre Prognose ist besonders günstig, da sie mehr als sechs Jahre lang frei ist, keinerlei Bedürfnis mehr verspürt und sogar zwei Glas Bier trinken konnte, ohne rückfällig zu werden. In der Regel bleibt das Bedürfnis auch nach Entwöhnungskuren bestehen und der Ex-Alkoholiker darf keinen Tropfen Alkohol mehr anrühren. Dieser Verlauf entspricht in keiner Weise den gängigen Erfahrungen und lässt sich mit dem heutigen Kenntnisstand der Psychologie nicht erklären.

P. W. L., Diplom-Psychologe

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