Heilung von Alkoholabhängigkeit
H.-P. W. (54) Bielefeld (Deutschland)
Im Jahre 1993 begann ich, regelmäßig am Wochenende bis zu fünf Liter Bier am Tag zu trinken. Ich „ballerte mich zu”, d. h. ich war dann betrunken. In der Woche rührte ich damals kaum Alkohol an, nur am Wochenende und hatte das für mein Empfinden gut im Griff. Ab 1996 änderte sich das. Ich stellte den Alkoholkonsum auf anderthalb bis zwei Liter Bier täglich um und war nun nicht mehr betrunken. Ich hatte mich daran gewöhnt. Das letzte Mal war ich 1996 richtig betrunken.
Ich trank so gut wie nie „harte Sachen”, ab und zu noch Wein zusätzlich. Etwa sieben Jahre lang habe ich täglich dieses Quantum (1,5 – 2 Liter Bier) getrunken, und zwar abends. Manchmal trank ich auch weniger, aber ganz ohne Alkohol ging es nicht! Am nächsten Tag war mir immer sehr schlecht. Ich war gereizt, nervös und melancholisch. Diese Stimmung zog sich bis in den Mittag des nächsten Tages hinein.
Dieser Alkoholkonsum hat mir sehr zu schaffen gemacht. Ich versuchte damit, Depressionen zu bekämpfen, aber vergeblich. Ich brauchte die anderthalb Liter, um Stress abzubauen. Wenn ich diese Menge getrunken hatte, wurde ich innerlich ruhiger. Im Auto auf dem Heimweg von der Arbeit freute ich mich immer schon auf das erste Bier. Wenn ich dann zu Hause war, ging ich sofort an den Kühlschrank und holte mir das erste Bier des Abends heraus.
Ich wusste von Anfang an, dass ich zu viel Alkohol trank, also abhängig war und versuchte auch das Trinken zu lassen. Ich kriegte es aber nicht hin. Beruflich oder im sozialen Umfeld hatte ich keine Probleme dadurch, aber es hat mich persönlich sehr gestört, weil ich noch mehr Gewichtsprobleme bekam und unter den schon beschriebenen traurigen Stimmungen litt. Ich hatte keine Lebensqualität mehr. Das war auch in dem Monat vor der Einführung, im November 2002, noch so.
Ich will wieder ganz gesund sein
Durch eine Freundin habe ich im Mai 2002 von Bruno Gröning erfahren und wurde am 5. November 2002 in die Lehre Bruno Grönings eingeführt. Nach der Einführung trank ich zunächst weiterhin anderthalb bis zwei Liter Bier pro Tag. Teilweise trank ich auch mehr und begann entgegen der sonstigen Gewohnheit nicht nur abends zu trinken, sondern schon mittags. Ich bekam auch plötzlich Brechreiz, musste mich aber nicht übergeben. Dieser Brechreiz dauerte etwa zehn Minuten an, danach ging es mir wieder besser. Ich führte damals Tagebuch über die allmähliche Besserung der Belastung und habe z. B. für den 14. Dezember 2002 notiert, dass ich an diesem Tag zwei/drei Liter Bier getrunken habe. Nachts hatte ich damals starken Brechreiz und Unruhe, regen Stuhlgang und fröstelte. Abends hatte ich endlich mal geweint, was ich vorher gar nicht mehr konnte. Ich hatte in der folgenden Zeit häufig Regelungen in Form von Brechreiz, nächtlichem Juckreiz an den Beinen und am Bauch und spürte ein angenehmes Kribbeln. Ich hatte nachts ein starkes Durstgefühl nach Mineralwasser. Täglich habe ich mich eingestellt und mir immer wieder gesagt: „Ich will das nicht mehr, ich will wieder ganz gesund werden.”
Es ist kein Verlangen mehr da
Und dann kam der Tag, an dem ich das Bedürfnis, Alkohol zu trinken, plötzlich von einem Tag auf den anderen los war. Hier im Rückblick der Auszug aus meinem Tagebuch: „Habe Mittwoch, den 23.Juli 2003, noch ziemlich viel Alkohol getrunken, mehr als sonst, und schon am Tage begonnen. War den ganzen Tag über sehr traurig, habe dann am nächsten Tag sehr lange mit einer Frau aus dem Bruno Gröning-Freundeskreis telefoniert. Habe sehr geschimpft und immer wieder gesagt: „Ich will das mit dem verdammten Alkohol nicht mehr.” Plötzlich musste ich das Telefonat wegen sehr starker Regelungen unterbrechen – ein sehr starker Brechreiz zwang mich dazu. Das dauerte so ungefähr zehn Minuten. Ich musste mich aber nicht übergeben.“
Diesen Brechreiz hatte ich früher nicht gehabt. Seit diesem Tag habe ich nie wieder einen Tropfen Alkohol getrunken und hatte auch nicht mehr das Verlangen danach. Ich hatte keinerlei befürchtete Entzugserscheinungen. Am 24. Juli 2003 war der erste Tag ohne Alkohol. Da habe ich nur etwa fünf Minuten stark geschwitzt. Anfangs hatte ich noch Befürchtungen, in eine Gaststätte oder ein Restaurant zu gehen. Heute kann ich ohne Verlangen nach Bier zusehen, wie man im Lokal Bier trinkt. Es schmeckt mir nicht mehr. Es ist kein Verlangen mehr da.
Psychologische Stellungnahme:
Ab 1993 begann Herr W. ohne erkennbaren Grund am Wochenende täglich bis zu 5 Liter Bier zu trinken. Ab 1996 wurde durch den Prozess der Gewöhnung aus dem Alkoholmissbrauch eine Alkoholabhängigkeit. Der tägliche Konsum betrug jetzt 1,5 – 2 Liter Bier, mit denen Herr W. nach eigenen Angaben Depressionen dämpfte und Stress reduzierte.
Acht Monate nach der Einführung in die Lehre Bruno Grönings war das Verlangen nach Alkohol plötzlich von einem Tag auf den anderen vergangen, ohne dass dabei Entzugserscheinungen auftraten, was normalerweise nach einer über 10 Jahre andauernden Alkoholabhängigkeit zu erwarten gewesen wäre. Parallel dazu klangen auch die depressiven Verstimmungen ab, unter denen Herr W. litt. Aus psychologischer Sicht ist dieser Heilungsverlauf sehr ungewöhnlich.
U. E., Diplom-Psychologin